Körper als Unternehmen
Emile Zolas Roman »Der Totschläger« löste 1877 einen literarischen Skandal aus, weil er Gewalt, Alkoholsucht und sexuelle Ausbeutung sowie das Desinteresse der Gesellschaft an diesen Missständen zeigte. Wichtigster Ausgangspunkt ist das Unternehmertum der Protagonist*innen Gervaise (Mutter) und Nana (Tochter), die im Arbeiterviertel Chateau Rouge in Paris ihre Körper als erste Ressource im Kampf um den Aufstieg einsetzten. La Fleur, das neue Kollektiv um die Regisseurin Monika Gintersdorfer und den Choreografen Franck Yao, vergleicht Chateau Rouge mit dem Hamburger Stadtteil St. Georg: zwei Orte, an denen gesellschaftliche Kämpfe und politische Weichenstellungen sichtbar ausgetragen werden. Im 20. und 21.Jahrhundert sind Chateau Rouge und St. Georg zum Treffpunkt und Handelsplatz von Migrant*innen geworden, die ihr Glück in der Metropole suchen und dabei ständiger polizeilicher Kontrolle und racial profiling unterliegen. Während der Naturalist Zola die Mechanismen des Auf- und Abstiegs wie ein Wissenschaftler untersuchen will, zeigt La Fleur die eigene Verstrickung und die Vehemenz der sich transformierenden Körperzustände in durational Tanz und Text Performances – im Dialog mit den Bewohner*innen des Hamburger und Pariser Viertel selbst – und entwickelt Gegenstrategien gegen stigmatisierende Zuschreibungen.
Gefördert von der Behörde für Kultur und Medien und im Rahmen des EU Netzwerkes Imagine 2020, Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Regie: Monika Gintersdorfer, Choreografie: Franck E. Yao alias Gadoukou la Star, Musik: Arvild Baud, Bühne: Lydia Schellhammer, Chris Mukenge, Kostüme: Abdoulaye Kone alias Bobwear, Produktionsleitung: Gregor Zoch