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Eine (un)überschaubare Welt

Eine (un)überschaubare Welt war ein Rechereprojekt, in dem La Fleur eng mit dem Künstler_innenduo Schellhamer/Mukenge zusammengearbeitet hat.

Lydia Schellhamer und Christ Mukenge studierten an der Akademie de Beaux Arts in Kinshasa, die einen konservativen Ausbildungsrahmen setzte, den sie mit ihren Praktiken schnell durchbrachen. Wesentlich für ihre Arbeit ist, dass sie wie die transnationale Gruppe La Fleur zwischen dem europäischen und afrikanischen Kontinent arbeiten und so mit unterschiedlichen Publika und ihren diversen Lebensrealitäten umgehen. Sie entwerfen seit 2017 die Ausstattung von La Fleur, aber bisher hatte sich die Gruppe nie analytisch mit ihren Praktiken auseinandergesetzt. Ihre Methode ist der „Partagisme“, das gemeinsame Malen an einem Bild. Dafür haben sie zwie Methoden, entweder treffen sie zunächst konzeptionelle Absprachen oder sie starten ganz ohne verbale Absprachen. Dann reagieren die Künstler_innen jeweils ausschließlich visuell auf die Malerei der_des anderen. Ihre Arbeit zeichnet sich durch das Wechselspiel zwischen europäischen und afrikanischen Einflüssen aus, wodurch sie verschiedene Publika und Lebenswelten ansprechen. In ihrer künstlerischen Praxis haben sie herausgefunden, dass die Einbettung zeitgenössischer Bilder und Geschichten in phantastische und spekulative Szenen oft die Darstellung des Anderen hervorhebt. Es ist ein Prozess der Exotisierung, der Konstruktion von Bedeutungen und der Herstellung von Realitäten.
Ausgangspunkt für die Zusammenarbeit war die Erzählung "Madame Sourdis" von Émile Zola. Sie beleuchtet die verborgene Ko-Autorenschaft von Gemälden eines Künstler_innenpaars, deren Wirkung im Laufe der Zeit verheerend auf ihre Beziehung wirkt. Parallel dazu erkundeten wir den dekadenten Roman "Gegen den Strich" von Karl-Joris Huysmans, der den Tod des Protagonisten im Rückzug des Dandytums thematisiert. In diesem Kontext analysieren wir das europäische Dandytum im Vergleich zum kongolesisch/ivorischen Sapeur, von historischen Wurzeln bis zu den Facetten des 21. Jahrhunderts, zwischen Narzissmus und Selbstermächtigung vor dem Hintergrund von Ko-Autorenschaft im Kontext zeitgenössischer Kunst: Unser Prozess ist ein verwobenes Netzwerk von Referenzen und Übersetzungen, ein Übergang von einem Medium zum anderen. Die Erzählungen von Zola und Huysmans aus dem 19. Jahrhundert dienen als Quelle für Gesellschaftsanalysen im 21. Jahrhundert.

Foto: Andreas Körner

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